Wir leben in einer Welt, in der es darum geht, von allem immer mehr zu haben. Mehr Geld, um sich mehr kaufen zu können. Mehr Freunde, um mit ihnen mehr zu unternehmen. Mehr Hobbies, um sich mehr zu verwirklichen. Und wenn mehr nicht möglich ist, muss es eben besser sein! Doch ist es wirklich sinnvoll, diesem Trend zu folgen?

Das bessere Smartphone, mit dem ich noch schneller weniger Zeit mit meiner Familie verbringen kann, das größere Auto, mit dem ich noch komfortabler stundenlang im Stau stehen kann und der bessere Job, der mir dieses schimmernde Leben finanziert, während er mich langsam von innen auffrisst.

Woran liegt es, dass selbst Menschen, denen so viel von diesem Mehr und Besser zuteil wurde, dennoch nicht glücklich sind? Warum hält dieses schöne Gefühl, ein neues Handy gekauft zu haben, meist nur einige Tage oder vielleicht Wochen, bis schließlich Ernüchterung eintritt und die Gewohnheit zurückkehrt?

Diese Menschen haben nie gelernt, den Wert der Dinge richtig zu bemessen. Der Wert meint nicht den Kaufpreis des jeweiligen Produktes oder den Betrag auf dem Gehaltsscheck. Dies fließt selbstverständlich in die Betrachtung ein, spielt aber im Endeffekt eine eher untergeordnete Rolle.

Es geht vielmehr um den Wert, den erworbene Gegenstände oder eingegangene Verpflichtungen für unser Leben haben und darum, inwieweit sie in der Lage sind, dieses nachhaltig positiv zu beeinflussen.

Gesunder Menschenverstand

Anders, als es der Name vermuten lässt, dreht sich das Thema Minimalismus keineswegs ausschließlich um Reduktion und schon gar nicht um Verzicht. Stattdessen soll ein Bewusstsein für die eigene Persönlichkeit geschaffen werden, um sich daraufhin mit den individuell verschiedenen richtigen und wichtigen Dingen zu umgeben.

Sich künstlich dahingehend selbst zu beschränken, nur noch eine bestimmte Zahl von Gegenständen sein Eigen nennen zu wollen, ist kein Garant für Zufriedenheit. Ebensowenig machen drei Fernseher in und drei Autos vor dem 300qm Haus automatisch glücklich.

Minimalismus sucht daher die Balance zwischen den Extremen, zwischen zu wenig und zu viel, und findet sie im Genug. Diesen Punkt zu finden kann äußerst schwierig sein, zumal sich das, was für einen Single-Haushalt in der Stadt genug ist, deutlich von dem unterscheiden wird, was eine Familie auf dem Land benötigt.

Der Vergleichswert für “besser” oder “genug” ergibt sich für einen Minimalisten also gerade nicht aus dem, was andere besitzen oder tun, sondern ausschließlich, wie er selbst, ungeachtet der Meinung Außenstehender und den Vorstellungen der Allgemeinheit, die Fähigkeit des vermeintlich “Besseren” dahingehend bewertet, sein Leben zu bereichern.

Es geht darum, dem Druck und den Zwängen der Masse zu widerstehen und sich wieder auf den eigenen gesunden Menschenverstand zu besinnen. Dieser ist bei vielen Menschen durch ständige externe Vorgaben aus den verschiedensten Quellen leider derart verkümmert, dass er zunächst mühsam wieder aufgebaut werden muss. Doch der Aufwand lohnt sich, denn er ermöglicht ein unabhängiges und einzigartiges Leben.