Für viele Menschen ist dies die Devise beim Aufräumen. “Wohin mit dieser Vase, die wir von deiner Mutter zu Weihnachten bekommen haben?” Ganz egal, hauptsache erstmal weg, damit es hier wieder ordentlich aussieht. Wir glauben, wir hätten das Problem damit gelöst und merken nicht, dass wir es eigentlich nur schlimmer gemacht haben.

Eine andere Sicht auf die Dinge

Bereits lange bevor uns das Wort “Minimalismus” überhaupt ein Begriff war, hielten wir uns für gut aufgeräumte und sortierte Menschen. Wir mochten nicht, wenn Dinge herum lagen und hatten ein gut ausgeklügeltes Ablagesystem.

Unsere Reise in die Welt der Minimalisten begann vor gut zwei Jahren, in 2015. Wir hatten einige Bücher und Artikel zu dem Thema gelesen, hielten es für eine großartige Sache und wollten versuchen, einige der Ideen in unser eigenes Leben einfließen zu lassen.

Wie bei den meisten anderen war unser Ausgangspunkt die Reduktion unseres physischen Besitzes. Dieser Aufgabe sahen wir recht gelassen entgegen, denn wir besaßen ja ohnehin nicht viel - zumindest dachten wir das. Wir waren kurz zuvor in ein Haus gezogen und hatten uns im Rahmen des Umzugs bereits von einigen Dingen getrennt. Doch nun stellten wir uns bei einem Großteil von dem, was wir bei unserer Entrümpelungs-Aktion vorfanden, die Frage, weshalb wir es zuvor so mühevoll in Kisten verpackt und hierher transportiert hatten.

Es schien fast so, als würde die Beschäftigung mit dem Thema uns nach und nach immer mehr die Augen öffnen für all die Dinge in unserem Haus, die wir vorher so überhaupt nicht wahrgenommen hatten.

Hier gab es eine Box voller Kabel und Stecker, die wir aufbewahrt hatten, falls wir sie irgendwann einmal benötigen würden. Leider waren einige von ihnen bereits so alt, dass ihr Einsatzzweck nicht mehr zweifelsfrei bestimmt werden konnte.

An anderer Stelle war eine Schachtel voll mit Stiften, von denen die Hälfte nicht einmal mehr funktionierte. Von den vielen kleinen dekorativen Kerzenhalter, die bereits seit Jahren im Schrank auf ihren Einsatz warteten, will ich gar nicht erst anfangen.

Bisher hatte es uns genügt, wenn sich alle Kerzenhalter an einem Ort befanden. Sollten wir sie suchen - was wir niemals taten - wussten wir genau, wo sie zu finden waren. Es herrschte Ordnung und damit waren wir zufrieden.

Nun begannen wir jedoch zu hinterfragen, weshalb wir diese Kerzenhalter überhaupt besaßen. Warum sollten wir eine ganze Kiste von ihnen aufbewahren, wenn doch permanent die gleichen drei auf unseren Schränken ihren Dienst verrichteten?

Dabei mögen ein paar Kisten mit ungenutzten Kabeln und Kerzenhaltern noch nicht wie ein Problem erscheinen, doch es ging um wesentlich mehr. Überall fanden wir plötzlich Gegenstände, die zwar fein säuberlich sortiert, aber doch jahrelang ungenutzt im Schrank lagen. Wir fragten uns, wie viele Kisten wir beim Umzug wohl hätten weniger schleppen müssen, hätten wir Minimalismus nur schon ein Jahr früher für uns entdeckt.

Was im Verborgenen lauert

Wenn wir nicht gut darauf Acht geben, sammelt sich im Laufe unseres Lebens einiges an unnützem Zeug um uns herum an. Es schleicht sich beinahe unbemerkt in unser Haus und wir lassen es dort gewähren.

Oft sind wir zu faul oder schlicht nicht bereit, uns wirklich mit den Dingen auseinanderzusetzen, denen wir beim Aufräumen begegnen. Wir gehen den Weg des geringsten Widerstands und dieser führt meist in den Keller, denn da findet sich doch immer ein nettes Plätzchen.

Es scheint so viel einfacher und geht so viel schneller, sich einen mehr oder weniger sinnvollen Ort für die neue Vase zu überlegen, an dem sie die kommenden Jahre unbehelligt verbringen kann.

Die Vorstellung, sie jemandem zu geben, der tatsächlich Verwendung dafür hat oder sie gar zu entsorgen, hat hingegen diesen bitteren Beigeschmack des Endgültigen und mit dem wollen wir uns ausgerechnet jetzt doch lieber nicht auseinandersetzen.

Was wir dabei nur allzu gern vergessen, sind jene Momente, in denen wir bereits in der Vergangenheit den ganzen Krempel verflucht haben, der uns ständig nur vor den Füßen stand und in dem wir einfach nichts wiederfinden konnten.

Aus den Augen, aus dem Leben

Immer nur auf-zuräumen führt letztlich dazu, dass wir unsere Unordnung lediglich hinter Schranktüren, unter dem Bett und auf dem Dachboden verstecken. Ganz egal, wie gut wir sie dort stapeln und sortieren, an der schieren Menge unnützen Krams in unserem Heim ändern wir so nichts.

Würden wir stattdessen einmal richtig aus-räumen und fortan all die Dinge, die sich bei uns einnisten wollen, genauestens danach beurteilen, ob sie unser Leben bereichern, könnten wir jene aussortieren, die ausschließlich wertvollen darin Platz verschwenden.

Unser Zukunfts-Ich wird es uns danken, denn wir ersparen ihm womöglich viel Zeit, Nerven sowie die eine oder andere Kiste beim nächsten Umzug.